Wie geht's am besten zum Ausgang?

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olafmatt
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Wie geht's am besten zum Ausgang?

Beitrag von olafmatt »

Moin zusammen,

ich habe mal eine Frage, die eher eine Umfrage ist. Es geht um mögliche (trafolose) Schaltungen für "symmetische" Ausgänge. Da gibt es ja mehrere Möglichkeiten:

A) "imepdance balanced", wo also Pin 2 und 3 die gleiche Impedanz haben, aber nur Pin 2 hat Signal
B) "differential", hoffentlich gleiche Impedanzen an Pin 2 und 3 und ausserdem "gleiches" aber phansengedrehtes Signal auf Pin 2 und 3
C) "servo balanced" wie B, nur dass die Schaltung den Pegel auf Pin 2 anhebt, wenn man Pin 3 auf Masse legt (oder andersrum)

Plus noch ein paar andere, wie "ground compensated", die aber alle mehr oder weniger Varianten der drei oben genannten Methoden sind.

Technisch gesehen reicht A um die Vorteile einer "symmetrischen" Verkabelung nutzen zu können. Und man kann für eine unsymmetrische Verbindung sogar Pin 3 auf Masse legen ohne Pegelverlust oder sonstige Nachteile (und ohne zusätzlichen Schaltungszauber oder Spezialbauteile). Bei B würde das mind. 6dB Pegelverlust geben, und zusätzlcich noch evtl. weitere Probleme, weil der Opamp der Pin 3 antreibt dann ja in eine sehr niederohmige Last arbeiten muß (also evtl. Interaktion über die Betriebsspanung oder themisch bei Dual-Opamps). Deswegen hat mal jemand C erfunden, wo das automagisch ausgeglichen wird.

Jetzt die Frage: Hat hier schonmal jemand im Real-Live Probleme mit Version A gehabt? Weil das braucht ja nur (um einen "symmetrischen" Ausgang zu bauen) einen zusätzlichen Widerstand, verglichen zu zusätzlichen Opamps oder diesen speziellen Line-Driver Chips. Liegt also nahe das so zu machen. Aber warum hat das dann einen so schlechten Ruf? Warum basteln die Leute an ihre Green-Pres hinten einen Haufen zusätzlicher ICs dran?

Ich habe hier ein A&H GL2200 Pult, da sind die Monitor Sends (oder die Auxe, bin mir nicht ganz sicher) so ausgelegt, dass sie normalerwiese Methode A benutzen, man aber den Chip für Methode C nachrüsten kann (In die Platine Löten und zwei Drahtbrücken entfernen). Purer Marketing-Gag?

Ich hatte bisher nur ein einziges mal Probleme mit Methode A, und das war mit einem Mikroeingang! Das Markenmikro hat halt das volle Signal auf Pin 2 und bei lauter Signalquelle clippte der Mikroeingang trotz runter gedrehtem Gain. Aber das würde ich dann eher als Konstruktionsfehler des Mikroeingangs verbuchen.
Den einzigen wirklichen Vorteil den ich bei Methode B (oder meinetwegen C) sehe ist die geringere Anforderung ans Netzteil. Durch die beiden Signalleitungen müssen wir nur halben Pegel übertragen (jeweils), also ziehen die nur halben Strom. Die andere Seite zieht jeweils Strom "in der anderen Richtung", d.h. das Netzteil wird "gleichmäßiger" belastet und insgesamt zieht die Ausgangsstufe nur die halbe Leistung. Durch die beiden signalführenden Leitungen ergibt sich ausserdem 6dB mehr Headroom, aber selbst bei +/-15V und nur einer Signalleitung kriegt man ja mehr Pegel raus, als die meisten nachfolgenden Geräte vertragen können.

Olaf
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MarkusP
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Re: Wie geht's am besten zum Ausgang?

Beitrag von MarkusP »

Hallo Olaf,

die beste Symmetrierung geht immer noch mit einem Übertrager.
Mit der einfachen elektronischen Symmetrierung hatte ich bis jetzt noch keine Probleme, auch nicht bei unsymmetrischen Anschluß, wo die 3 kurzgeschlossen ist.
Man kann es aber durchaus sehr korrekt und sicher machen. Das ist dann -glaube ich- die Servo-Symmetrierung.
Schau mal hier bei Studer:

ftp://ftp.studer.ch/public/Products/Mix ... p_Serv.pdf

Auf Seite 134 wirst Du fündig.

Das ist schon ein ordentliches "Grab" an Widerständen... :-)

Gruß aus Berlin

Markus

dimok
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Re: Wie geht's am besten zum Ausgang?

Beitrag von dimok »

Hi Olaf.

Die A) hat für mich einen Nachteil - Du brauchst effektiv 6dB mehr Pegel an jeweils einem OpAmp - mehr Klirr (am Ausgang UND Input des nächsten Gerätes) .... und mehr Chancen zu übersteuern.

CMRR-seitig reicht die Ver. A aus

Meiner Meinung nach ist Ver.B nicht so gut für Alround-Geräte - da kann zu viel schief gehen. Man braucht grosse serielle Rs am Ausgang - auch nicht so schön.
Für feste, bekannte installationen, wo alles differenziell ist - beste Wahl ( Trafos am Ausgang bringen nicht viel für CMRR und "färben" - das kann passen oder nicht)

"servo-ballanced" - klingt für mich etwas "falscher" als B) , irgendwie verwaschen, kann ich schlecht erklären. Auch mit perfekt getrimmten Impedanzen. Ich konnte mich nie damit anfreunden

Ich mache immer B) wo es geht. Wenn auch Unballanced-Inputs getrieben werden müssen - dann A)
DIY ist teuer, raubt den letzten Nerv und macht unglücklich.......

[silent:arts]
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Re: Wie geht's am besten zum Ausgang?

Beitrag von [silent:arts] »

A) hat einen schlechten Ruf weil viele das für unsymmetrisch halten
B) ist absoluter Müll und im "richtigen Leben" nicht betriebssicher (Vorsicht: trafolose LakePeople Symmetrierer).
C) (auch unter "Cross Coupled Pair" bekannt) wenn Trafo oder A ausscheidet die erste Wahl
volker
olafmatt hat geschrieben:Strom kann tot machen

olafmatt
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Re: Wie geht's am besten zum Ausgang?

Beitrag von olafmatt »

Das ist ja eindeutig uneindeutig, wohin hier so die Präferenzen gehen.

Meine persönlichen Bauchschmerzen mit Methode C sind folgende: Solange man den PIn 3 direkt am Ausgang auf Masse legt mag das gehen, aber was ist mit folgendem? Nehmen wir an der Ausgang geht über 50 Meter Multicorekabel zum Mischpult. Beim Verkabeln stelle ich fest, dass nur noch unsymmetrische (Klinken-)Eingänge frei sind. Also steckle ich hinten auf den XLR Stecker mein Adapterkabel von XLR nach "unsymmetrische" Klinke drauf und lege somit Pin 3 erst am anderen Ende des Kabels auf Masse. DAS gibt einen interessanten Frequenzgang.
Ein anderer Punkt wären Verbindungen mit symmetrischen Eingängen, die nur mit einem Opamp aufgebaut sind. Da sind die Eingangsimpedazen auf 2 und 3 sehr unterschiedlich, d.h. die ziehen unterschiedlich viel Strom. Der Ausgang versucht das dann durch ein leichtes (oder auch stärkeres) Desymmetrieren der Ausgangspegel zu kompensieren. Und dann war's das mit dem zusätzlichen Headroom auch schon wieder.

Olaf
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jensenmann
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Re: Wie geht's am besten zum Ausgang?

Beitrag von jensenmann »

Ich habe jahrelang mit einem TAC Scorpion gemischt, das asymmetrische Ausgänge hatte. Wir haben damals Adapter in der Variante A gelötet, also mit einem Widerstand drin, und es gab nie Probleme. Auch nicht mit 120m Multicore und vielen Endstufen dran.
Jens

olafmatt
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Re: Wie geht's am besten zum Ausgang?

Beitrag von olafmatt »

Gut, dann kann man wohl gedankenlos, äh bedenkenlos weiter Methode A verbauen. Ich hatte irgendwie damit gerechnet, dass der schlechte Ruf wenigstens mit irgend welchen Horrorgeschichten untermauert werden würde.
Schade, dass es Methode D ("differential current amplifier") so selten im wirklichen Leben gibt. Habe das erst einmal auf dem Papier und einmal in echt gesehen. Aber bei der Menge an Transistoren, die man da verbauen muß auch klar, warum das niemand verwendet. Da erfindet die Marketingabteilung lieber einen tollen Namen für Methode A oder C. :roll:

Olaf
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