Integrator Schaltung ganz genau

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dimok
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Integrator Schaltung ganz genau

Beitrag von dimok »

Hi Leute

habe beim letzten Projekt einen DC Servo bauen müssen,
bin also erstmal ins Netz und dort die wichtigsten Sachen aufgeschnapt.
gute alte (sehr alte - 1967) Theory: http://www.analog.com/library/analogDia ... f/01_1.pdf

Habe entschieden, dass es ein invertierender Integrator sein wird, (einfacher, keine R,C Selektierung nötig). Auch kein TP Filter vor dem OPV.

Das heißt also voller Audiobereich am Servo-Eingang. Bringt natürlich auch etwas mehr Anforderungen an den OPV-Typ mit.

Und zur OPV Wahl gibts anscheinend gegensätzliche Meinungen.
grob die extremsten:
1)servo behandelt nur Dc, also DC precision ist wichtig (offset, drift), sonst nichts
2) OPV muss mindestens genau so schnell/breitbandig sein, wie der Hauptamp.

Ich habe mir einige Gedanken dafüber gemacht und finde, dass der OPV einen gewissen GBW Produkt haben muss, um als Integrator auch ausserhalb des Audiobereichs zu bleiben
z.B. hier Ausgang eines 0815 DC Servo mit inv Integrator, 100k/1uF
einmal mit langsamen DC precision Typ - LT1097 (gruen) und einem schnellen Typ (LT1122)
https://dl.dropbox.com/u/28299237/itegr.PNG

Jetzt kommen wir langsam zu meiner Frage:
Viele (auch bekannte Leute) meinen auch, dass Slew rate des Servo OPVs in Bereich des Hauptamps liegen muss. Damit kann ich wirklich nichts anfangen.

Wir haben doch so gut wie keine AC Spannung (siehe Sim oben) am Ausgang, wozu dann die Slew rate Anforderung? Ja, es muss Strom fliessen, um feedback-Cap zu laden/entladen und ich kann mir vorstellen, das bei grossen Spannungen in den Hochfrequenzen der OPV in die Strombegrenzung reingeht.
Aber das ist nicht Slew Rate Begrenzung, oder?

Also, vielleicht kann mir mal jemand dazu was sagen, ich stehe grade auf dem Schlauch.

P.S. dass man die servos an richtige Stelle packen muss, mit extra Filterung usw. ist mir schon bewusst, habe ich alles schon schön gemacht :D :D
DIY ist teuer, raubt den letzten Nerv und macht unglücklich.......

dimok
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Beitrag von dimok »

Noch was dazu.

Habe grade die Zeitverläufe am OPV-Out simuliert, mit unterschiedlichen Eingangspegeln
https://dl.dropbox.com/u/28299237/Zeitv ... vo-Out.PNG

oben - Eingangsspannung - 10V
unten - 2V
Wie gehabt, grün - LT1122(schnell)
blau - LT1097(DC precision)

Es scheinen sich wirklich irgendwelche Auswirkungen der Slew Rate Begrenzung zu zeigen (komische nichtlinearitäten oben)

Ich hätte identische Verläufe erwartet (nur skaliert)

Macht für meinen dezeitigen Wissenstand nicht viel Sinn
Wer kanns erklären, bitte, ich bin ratlos
DIY ist teuer, raubt den letzten Nerv und macht unglücklich.......

olafmatt
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Re: Integrator Schaltung ganz genau

Beitrag von olafmatt »

dimok hat geschrieben:Wir haben doch so gut wie keine AC Spannung (siehe Sim oben) am Ausgang, wozu dann die Slew rate Anforderung? Ja, es muss Strom fliessen, um feedback-Cap zu laden/entladen und ich kann mir vorstellen, das bei grossen Spannungen in den Hochfrequenzen der OPV in die Strombegrenzung reingeht.
Aber das ist nicht Slew Rate Begrenzung, oder?
Ich schätze das ist das alte Problem, dass die meisten Leute immer nur in Spannugen denken. Um eine Spannung am Opamp-Ausgang zu sehen, muß dieser Strom liefern. Somit ist slew-rate am Ende dann doch auch die slew-rate des Stromes. Und eben dieser Strom ist es, der den C im Feedback aufladen muß, und wieder entladen... Schau Dir mal im Simulator den Strom über den C an. Am besten in einem Frequenz-Sweep. Oder rechne mal aus, welchem Ohmschen Widerstand Dein C bei 20kHz entspricht. Über diesem C liegt fast Dein ganzes Eingangssignal, nur eben als Strom statt als Spannung.

Ein anderes Beispiel für diese vorherrschende Spannungsdenkweise sind Corssover Verzerrungen. Die treten leider auch nicht beim Durchgang duch 0V auf, sondern beim Durchgang durch 0A. Bei rein Ohmschen Lasten wäre das das gleiche, aber welche reale Last ist schon eine rein Ohmsche Last.

Olaf

olafmatt
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Beitrag von olafmatt »

Vielleicht noch ein zusätzlicher Heinweis, warum "bessere" Opamps hier "besser" sind.

Überleg mal, was Du am Ausgang des Integrators für ein "Audio"-Signal erwartest? Das soll an sich nur DC haben. In der Realität wird es also wohl oberhalb einer gewissen Frequenz abfallen. Da wir einen Intergrator "erster ordnung" haben also wohl mit 20dB/Dekade (6dB/Oktave). Aber wie lange wird das Signal am Ausgang immer weniger bei steigender Frequenz?
Der Job des Opamps ist es hier, das Eingangssignal zu "Dämpfen". Wie lange kann er das? Und wie stark?

Kannst ja mal im Simulator ein Frequenz-Sweep angucken, wieviel Audiosignal da aus Deinem Integrator raus kommt. Aber nicht erschrecken, ab vielleicht 1kHz aufwärts benimmt sich Dein Integrator überhaupt nicht mehr so, wie wir das wollen.
Der Opamp hat ja nur ein begrenztes open-loop-gain. Und das fällt zudem nach oben mit 20dB/Dekade ab. Bei höheren Frequenzen nimmt also die "Dämpfung" des Audiosignals wieder ab. In der Realität ist der Integrator um einen Audio-verstärkenden Opamp geschaltet, der ja auch Verstärkung hat. Natürlich verstärkt der das Signal des Integrator auch wieder mit. Was dabei raus kommt kann in etwa so aussehen:

Bild

Hier ein Audio-Amp mit 40dB Gain (blaue Kurve) und das Audiosignal am Ausgang des Integrators (grüne Kurve).
Je mehr open-loop-gain der Intergrator-Opamp hat, desto weiter läßt sich das wieder-ansteigen der Kurve in der Frequenz nach oben verschieben.

Als Nebeneffekt fällt einem dann vielleicht gleich noch auf, dass die Verstärkung des Audio-Amps mit in die Berechnung der Eckfrequenz des Integrators eingeht.
Aus Sicht des Integrators ist der Audio-Amp ja ein zusätzlicher (über die Frequenz linearer) Feedback-Pfad, der zu allem Übel auch noch eine Verstärkung hat. In dem Beispiel oben mit den 40dB Gain wird die effektive Eckfrequenz des Integrators also um den Faktor 100 nach oben verschoben.

Olaf

dimok
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Beitrag von dimok »

Hi Olaf
Danke für deine Antworten. bin echt froh, dass jemand hilft
Zuerst zur zweiten:
Das ist mir alles klar, ich habe ja oben schnelle (GBW hoch) und langsame ICs verglichen
https://dl.dropbox.com/u/28299237/itegr.PNG

Der Integrator-Verlauf wird bei der Frequenz, wo sein open loop gain gegen null geht ein Minimum haben. Davor auch schon kein 20dB Abfall, danach gehts nach oben.

Ich bin 100% dafür, breitbandige OPVs dafür zu nutzen...

Aber das mit der Slew rate.... hmmm... leuchtet nicht ein.

Die Sache mit dem Strom: da habe ich auch drüber nachgedacht
Der Strom durch den feedback Cap ist durch den eingangs-R begrenzt....
Am inv-Input Knoten ist ja "virtual ground" , zumindestens solang der OPV kann, somit fliesst durch den Cap Vin/Rin, egal bei welcher Frequenz.
Strom-Sweep durch den Cap ist konstant
Bei 100k (oder sogar 1Meg) nicht grade viel Strom, oder??

Also fällt über dem Cap nur bei sehr tiefen freq. AC Spannung (wo C hochohmig ist) Braucht man die slew rate etwa nur für diese Frequenzen??

Was mir noch in den Sinn kommt - die slew rate und die Grenzfrequenz fallen wegen dem C im feedback extrem ab(zumindestens bei einigen OPV-Architekturen). Je hoher der C desto niedriger.

Vielleicht sollte man deswegen auch etwas Reserve an slew rate für die Tieffrequente Anteile haben.

Na ja, wie gesagt...bis jetzt:
hohe Grenzfrequenz - ja, slew rate - nicht unbedingt
DIY ist teuer, raubt den letzten Nerv und macht unglücklich.......

olafmatt
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Beitrag von olafmatt »

dimok hat geschrieben:Strom-Sweep durch den Cap ist konstant
Ja, aber nur solange der Opamp das schafft. Soll heißen, obwohl wir nur DC am Ausgang haben (wo man meinen könnte was hat der Opamp mit z.B. 10kHz zu tun) muß er die natürlich trotzdem können, für's Feedback.

Bei Slew-Rate denkt man halt an V/us bezgen auf den Ausgang, insofern sehe ich das Denkproblem, weil am Ausgang ja gar keine Volts anliegen. Slew-rate ist aber auch eher ein interner Parameter, bestimmt durch den max. Strom der Eingansgstufe und durch den Kompensationskondensator (slew-rate = I/C). Im idealen Opamp (mit idealer Ausgangsstufe) würde das auch so direkt am Ausgang des Opamps rauskommen.
Obwohl slew-rate bezogen auf den Ausgang angegeben ist, ist der bestimmende Faktor die Eingansgstufe (incl. Kompensationskondensator). Und eben diese Eingangsstufe sieht sowohl dein Audiosignal mit kompletter Bandbreite, als auch das Feedbacksignal mit kompletter Bandbreite. Das da virtuelle 0V am inv. Eingang sind spielt keine Rolle, denn die sind da eben nur, weil die Slew-rate hoch genug ist, um minimalen (möglicherweise hochfrequenten) Abweichungen schnell genug folgen zu können.

Olaf

olafmatt
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Beitrag von olafmatt »

Man kanns vielleicht noch simpler formulieren: der Integrator hat am Ausgang (fast) nur DC, weil er das Eingangssignal bei höheren Frequenzen aktiv unterdrückt. Das tut er durch ein gegenphasiges Signal. Dieses gegenphasige Signal hat natürlich hohe Frequenzen, weil es sonst ja nicht die hohen Frequenzen am Eingang "unterdrücken" könnte. Also muß der Opamp in der Lage sein, alle vorkommenden Frequenzen ordentlich verarbeiten zu können. Ob diese Signal in der Schaltung als Spannungen oder Ströme auftreten, ist egal.

Olaf

dimok
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Beitrag von dimok »

AAAAA...ich habs jetzt
Slew-rate ist aber auch eher ein interner Parameter, bestimmt durch den max. Strom der Eingansgstufe und durch den Kompensationskondensator
das hat geholfen,

super, danke schön, Olaf

Die Eingangsstufe des OPVs muss das Signal verarbeiten können - also den internen C-comp laden/entladen...
Solange sie das schafft, geht alles gut (virtual ground am Eingang)... wenn das Signal, sowohl von der Bandbreite wie vom Anstiegt pro Zeit zu gross wird - :evil:
ich habs!!!

Danke nochmal für deine Hilfe

Dimok
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olafmatt
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Beitrag von olafmatt »

Genau! - Wenn die "Veränderungsgeschwindigkeit" am Eingang zu hoch wird, läuft die Eingangsstufe dem Signal hinterher, weil sie den Ccomp nicht schnell genug geladen kriegt. Auf Englisch ist das dann "slew limiting".

Kannst ja hinter den Intergrator noch einen RC Filter und einen Puffer-Opamp packen, dann ist der Einfluß des Intergrator-Opamps (bei hohen Frequenzen) stark reduziert. Das simuliert dann quasi einen Kondensator zweiter Ordnung.

Olaf

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