The German Channel

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MarkusP
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The German Channel

Beitrag von MarkusP »

Hallo auch,

angeregt durch die Diskussion, die sich beim Meeting ergeben hat, einen "German Channel" zu konstruieren, habe ich mal eine Übersicht der Möglichkeiten gezeichnet.

Bild

In voller Größe:
http://licht-und-schall.de/Pictures/The ... rsicht.jpg


In der Hauptsache sind es Röhrenkanäle. Die Transistorkanäle sind auch erwähnt.
Alle Kanäle beinhalten einen EQ.

Pro und Contras, bzw. Schwierigkeiten.
Einfach nur Ideen.

V72 Nachbau original:
- Woher die Übertrager, wenn sie alt sein sollen,sonst SOWTER.
- EF804S NOS nötig, sonst EF86 möglich.
V76 Nachbau dto.

W86 Nachbau relativ einfach möglich, da nur RC
W86a Nachbau komplizierter, da RLC-Glieder und aufwendiger Schalter nötig.
Alternativ für Stereo-Kanäle ELA E150, auch nur RC, aber Vier-Ebenen-Schalter...

V77/V78 möglich (höheres Gain), aber Nachteile.
1:40 Übertrager!
V77 zu niedriege Eingansgimpedanz, da für dynamische Mikros ausgelegt.
V78 als Kommandoverstärker höherer Klirrfaktor (andere Rubrik der IRT-Spezifikationen).

Soll das ganze ein sauberer Kanal nach IRT sein, oder eher ein "Effektgerät"?!?

Der Gyraf G9 ist von seinem Design her eher ein Effektgerät.

Die ganze (Röhren) V-Serie ist sehr komplex hinsichtlich der Gegenkopplungen, damit man auf einen Rundfunktauglichen (gemäß IRT-Norm ) Klirrfaktor kommt.

Einen passenden EQ halte ich einem solchen Gerät für angemessen.

Vielleicht ist es einfacher ersteinmal "nur" einen Transistor-Kanal zu konstruieren. Die passenden Transistoren gibt es meistens noch.

In jedem Fall wird viel Eisen drinstecken, mindestens zwei EÜ und zwei AÜ. Viele schöne ELMA-Schalter werden nötig sein etc.pp..

Nun ist die Diskussion eröffnet.

Gruß aus Berlin

MarkusP.
Zuletzt geändert von MarkusP am Fr Dez 02, 2011 12:25 am, insgesamt 1-mal geändert.

bernbrue
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Beitrag von bernbrue »

Hi,
interessanter Ansatz. Mir schwirrt gerade folgender Channelstrip im Kopf herum.

REDD47 preamp -----> Poorman Pultec ---------> LA2a

Ich habe alle Komponenten zusammen. Ich müßte nur noch Volker Dual LA2a Platine zersägen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich zwischen den einzelnen Komponenten Übertrager brauche und wenn ja, welche. Dies wäre dann eher ein British/American Channel.
Gruß
Bernd

MarkusP
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Beitrag von MarkusP »

Hallo Bernd,

der Ansatz eines "British Channel" ist auch nicht uninteressant.
Auf die Übertrager wirst Du bei dieser Technik leider nicht verzichten können, da sie notwendiger Bestandteil der Röhrentechnik sind.

Nach einem REDD47 wäre ja eigentlich ein EQ nach Art der REDD-Pulte "amtlich". Allein man findet keine Unterlagen. Zumindest bei dem "Classic-Type" vermute ich, daß er ähnlich dem W86a aufgebaut ist. Allerdings haben die Plugin-Boxen bei EMI eine geringere Einschaltdämpfung.
Die "Pop-Box" dürfte anders anders im Höhenbereich. Soweit ich es bis jetzt vverstanden habe, hat sie eine Kuhschwanzcharakteristik bei Absenkung, bei Anhebung hingegen eine Peak-Charakteristik bei 5 kHz.

Einen LA2A da noch mit einzubauen ist auch eine nette Idee.
Bei dem German Channel müßte es dann fast ein U73 bzw. U23 sein.
Die wurden aber meistens als Sendebegrenzer benutzt, weniger im Pult direkt.

Gruß aus Berlin

MarkusP.

[silent:arts]
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Beitrag von [silent:arts] »

Es gibt Möglichkeiten, Übertrager zwischen den einzelnen Modulen wegzulassen. Spart jede Menge Geld.

Aber frag mal Fredi (Janzoulou), was er von einem seiner "American Channel" hält:
beim UA LA610 wurde das alles eingespart, weshalb
MicPre und LA2A nicht mehr getrennt nutzbar sind.

Hat - wie immer - alles vor Vor- und Nachteile :shock:
volker
olafmatt hat geschrieben:Strom kann tot machen

rock 71
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Beitrag von rock 71 »

Hallo,

die Idee des "German Channels" trage ich schon seit langem in mir und wollte diese hier in diesem Forum zur Diskussion stellen.

Jetzt hat Markus den Stein nach unserem Gespräch auf dem Berliner DIY Treffen ins Rollen gebracht, was auch ok ist, ich hätte es lieber selbst vorgestellt, was wahrscheinlich mit meinem beruflichen Reststolz als Content Producer zu tun hat.

Aber egal, hier geht es nicht um die wirtschaftliche Auswertung von Ideen, sondern um eine hoffentlich reiche Diskussion dieses Vorhabens in diesem Forum.

Danke Markus für die Auflistung der Möglichkeiten und deiner Perspektiven!

Die ürsprüngliche Idee und der Namen "The German Channel" gründen auf der Tatsache, dass deutsche Techniker einige Meilensteine der Audiotechnik in der Vergangenheit produziert haben, die heute nach wie vor begehrt sind und gesucht werden.
Ich habe selbst mit einigen gearbeitet und wollte mir welche für mein kleines Studio kaufen.
Das Problem ist, dass die Preise schon seit längerem durch die Decke sind und der Erhaltungszustand und die daraus resultierende Verlässlichkeit mit zunehmenden Alter der (meisten verfügbaren) Geräte leider abnimmt.

Die Bezeichnung "The German Channel" stellt also eine thematische Klammer dar und ist nicht durch eine wie auch immer geartete chauvinistische Perspektive enstanden.

Die Ursprungsidee sah vor, einen kompletten Mono Kanalzug (Channelstrip) aufzubauen, bestehend aus Mikrofon Vorverstärker, passivem EQ, Kompressor und Aufholverstärker.
Das ganze soll in ein 3HE Gehäuse passen und flexibel im Handling sein, d.h. eventuell mit variabler Reihenfolge des EQ/Kommpressors.

Als Preamp würde ich einen aufgebohrten V72 vorschlagen, was dann wahscheinlich einem V77 entsprechen würde.

Die Gainreglung wäre der W77, mit Dämpfungs und Gegenkopplungskombination.

Als EQs würde ich die Eckmillers favorisieren, so dass man leicht gestaltend schon bei der Aufnahme eingreifen kann, wenn man will.
Vielleicht noch ein durchstimmbares Mittenband, was aber für mich eigentlich nicht wichtig ist,

Bei dem Kompressor war/bin ich mir noch unsicher, da ich noch mit keinem in Frage kommenden selbst gearbeitet habe. Mir schwebt so was in Richtung LA2A vor. Darius hat bei dem DIY Treffen, den U73 (glaube ich mich zu errinnern) ins Spiel gebracht
, der gut passen würde. (durch den spärliche Eiseneinsatz ist der auch ganz gut nachbaubar! #Ironie off')

Eventuell benötigt man dann noch einen weiteren V72 als Aufholverstärker...

Das ganze entspricht weitestgehend (+Kompressor) dem Diagramm "mit V77" von Markus.

Ich denke, historisch korrekt wird das ganze nicht zu 100% sein, da das meiste Eisen, nicht erhältlich ist. Da muss man wahrscheinlich nehmen, was man man bekommen kann.

Warum Röhren und nicht Transistor basierrend? Die Transistor Geräte bekommt man heute noch wesentlich besser/ preiswerter und deren Erhaltungszustand ist oft noch sehr gut. Ich denke, da würde ich mir schlicht die Orginale kaufen und die zusammen racken.

Bei den Röhren-Vorfahren sieht es da schon etwas anders aus...

Also, was denkt ihr, ist das interessant/ machbar/ erstrebenswert?

Es ist klar, dass wäre kein Low Budget Projekt.

Ich bin gespannt!

gruß thorsten


:D

@Bernd: Auch ne feine Idee, dein "AngloAmerican Channel", beste Grüße!

MarkusP
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Beitrag von MarkusP »

Hallo Thorsten,

ich wollte Dir keineswegs die Idee klauen! Das ist Dein Projekt.

Wollte es hier im Forum halt mal anstoßen, weil ich aus Lust und Laune gerade die Zusammenstellung skizziert hatte und ich das Projekt sehr spannend finde.

Hinsichtlich des Vorverstärkers werden wir einen Kompromiß finden müssen, der irgendwo zwischen V72/76/77 liegt.
Den V72 könnte man nach EMI zumindest auf einen V72S mit 40dB Verstärkung aufpumpen. Darüberhinaus wird es sicherlich kritisch hinsichtlich eines brauchbaren Klirrfaktors.
Siemens hat ja hier nur die Stromgegenkopplung geändert.
Der V77 erzeugt die höhere Verstärkung in der Hauptsache durch den veränderten EÜ mit 1:40. Die Stromgegenkopplung ist hier aber stärker ausgeführt (ist wahrscheinlich mehr "Müll" rauszufiltern...).
Ein EÜ mit 1:40 wird wahrscheinlich unmöglich zu bekommen sein.

Ein Ansatz wäre es auch, sich irgendwo zwischen V41 und V76 zu bewegen und aus diesem Schaltungsdesign etwas zu entwickeln. Die Übertrager und Drosseln gäbe es zumindest bei Sowter.

Wenn ich mich nicht ganz irre, ist man damals sowieso relativ schnell auf die V76 umgestiegen. Der V77 dürfte nur eine Zwischenstufe gewesen sein und wahrscheinlich äußerst kompromißbehaftet.

Was mich persönlich etwas stört an den V41/76/77 ist die zu niedrige Eingangsimpedanz, die hier unter 1kOhm liegt.
Eine Alternative wäre der V76M, der hier deutlich besser im "heutigen" Bereich liegt. Der hat auch nur einen 1:10 EÜ.

Egal, in welchem Design wir uns bewegen, wäre es mir wichtig, daß man auf vernünftige Werte kommt und nicht ein Effektgerät baut.

Demnächst bekomme ich von Sowter zwei V72 EÜs und einen AÜ. Dann kann ich mal ein wenig "rumprobieren", was in dem Schaltungsdesign so möglich ist und das ganze auch mal mit einem V72 vergleichen.
Werde dann auch mal einen Versuchsaufbau mit EF86 machen, die von ihren Werten her recht nah an den EF804(S) liegt und gut erhältlich ist.
Die Übertrager hatte ich für meine V71 bestellt, die ja dann ein wenig zu einem V72 "mutieren".

Bei den EQs ist es eigentlich eine Preisentscheidung. Der W86 dürfte am einfachsten aufzubauen sein. Das Schaltungskomzept dürfte auch eine Erweiterung der Stufen ermöglichen, wäre ein wenig Rechenarbeit :-)
Der W86a braucht insgesamt drei Spulen, die man sich anfertigen lassen müßte. Wen Zeit ist, nehme ich meine W86a mal auseinander und erstelle einen Schaltplan.
Wenn man ein wenig querguckt, wäre auch ein Klangfilm-EQ möglich, der hätte dann auch ein durschaltbares Mittenband. Unterlagen bekommt man ja im WEB, allein es fehlen die Werte und das Ding ist wieder eine Ansammlung an 4-Ebenen-Schaltern.

Der U73 als Kompressor wäre recht brauchbar Da dort aber nichts einstellbar ist, müßte man den in ein Schaltungsumfeld ähnlich dem 1176 bauen, damit man Ein- und Ausgangspegel regeln kann.
Aber auch der U73 hat relativ viel Eisen und die Regelröhren dürften auch nicht mehr so einfach zu bekommen sein...

Wenn ein paar meiner V71/72 wieder flott sind, baue ich mal die erste Variante meiner Skizze auf (W72,V72,W86a,V72).

Hat eigentlich jemand die Unterlagen zum W72? Auf Darius Seite habe ich nur den W77 gefunden.

Ein flexibles Design des German Channel dürfte kein Problem sein, da wir uns ja Rundfunkgemäß im voll symmetrischen Bereich bewegen und alle Anpassungen stimmen. Da ein paar Schalter/Relais einzubauen, die die Reihenfolge festlegen oder externe Anschlüße der einzelnen Stufen vorzusehen, ist dann das geringste Problem.

Also weiter fröhliches Diskutieren.

Gruß aus Berlin

MarkusP.

rock 71
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Beitrag von rock 71 »

Nee Markus, von Ideenklau spricht niemand, im Gegenteil ich bin froh über deinen Input, du stehst mehr im Thema als ich!

Ich bin leider gerade hier auf Arbeit und würde lieber deinen Denkanstössen nachgehen, aber so ist das Leben.

Am Wochenende habe ich mehr Zeit, dann werde ich mir die Pläne zu den genannten Gerätschaften noch einmal genauer anschauen.

Go ahead!

Beste Grüße

kubi
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Re: The German Channel

Beitrag von kubi »

MarkusP hat geschrieben:W86 Nachbau relativ einfach möglich, da nur RC
Ja, aber kennst du die Werte der Widerstände und Kondensatoren? Als ich das letzte Mal einen W86 vor mir hatte, verweigerte mir der Besitzer ganz manisch, das Gerät aufzuschrauben, sonst hätte ich mir die Komponenten notiert.
Mit ein paar Widerständen und Kondensatoren kann man nicht viel falsch machen, daher sind die W86 auch sehr transparent.
Darius

MarkusP
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Re: The German Channel

Beitrag von MarkusP »

kubi hat geschrieben:
MarkusP hat geschrieben:W86 Nachbau relativ einfach möglich, da nur RC
Ja, aber kennst du die Werte der Widerstände und Kondensatoren? Als ich das letzte Mal einen W86 vor mir hatte, verweigerte mir der Besitzer ganz manisch, das Gerät aufzuschrauben, sonst hätte ich mir die Komponenten notiert.
Mit ein paar Widerständen und Kondensatoren kann man nicht viel falsch machen, daher sind die W86 auch sehr transparent.
Hallo Darius,

da ich in der glücklichen Lage bin, zwei W86, zwei W86a und einen ELA E150 zu besitzen, werde ich mir diesen Blick nicht verbieten :-)

Wenn ich die Werte vom W86 habe, werde ich sie in die Unterlagen einzeichnen und Dir für Deine Seite mailen, dann haben alle was davon.
Beim W86a könnte das ein wenig länger dauern, den muß man dafür zerlegen, da er sehr kompakt gebaut ist.

Alte Geräte behandel ich sorgfältig, aber nicht übertrieben ehrfürchtig. Es ist auch "nur" Technik...

Gruß aus Berlin

MarkusP.

mtibes
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Beitrag von mtibes »

Hallo Leute,

ich konnte bei dem Meeting leider nicht dabei sein, mag aber die channel strip Idee sehr :D

Ich frage mich, ob die Kombination aus alten Rundfunkmodulen tatsächlich ökonomish und klanglich sinnvoll ist. Meine Ideen dazu würden auch eher in die Richtung V72 input - pultec / poormans EQ - LDR basierter Kompressor (LA2A, DAOC, Cl1b) gehen. Das wäre dann eher ein 'world'-channel.

Die alten deutschen EQ Module kingen toll, wenn man genau das braucht - sind aber ansonsten natürlich nicht gerade flexibel. Ein Pultec-artiger EQ dürfte hier weiter führen, theoretisch sehr vielversprechend finde ich den poorman mit dem Mittenband. Kreativ vernünftige Röhrenkompressoren gab es in Deutschland eh nicht, oder hab ich was übersehen? Eventuell abgesehen vom U73 mit Varicom, aber dann wirds wohl auch richtig teuer.

Bevor jemand einen dieser EQs zerlegt um die Teile zu messen, kann ich gerne noch mal schauen, ob ich die Unterlagen nicht habe. Welche fehlen denn?

Den V72 zu bauen sollte doch möglich sein, die EF804S ist doch eine Langlebens-EF 86, oder? Falls man möchte könnte man Haufe fragen, ob sie die original Trafos machen können, aber die Sowter sind wahrscheinlich günstiger? Man kriegt den V72 auf 50 dB gain wenn man will, ohne die Trafos zu ändern.

Ich habe auch die meisten oder sogar alle der genannten deutschen Geräte im Studio (oder zumindest unrestauriert im Lager), wir können uns die Teile bei Interesse gerne mal zusammen anhören. Ich hab auch normalerweile keine Angst, etwas aufzuschrauben :wink:

Eine interessante Frage wäre, was genau impedanzmässig in so einem Channel Strip passiert? Es ist naheliegend, innerhalb des Gerätes die Stufen ohne Trafos zu koppeln - ich weiß jetzt z.B. nicht aus dem Kopf, wieviel der V72 AÜ untersetzt und ob man direkt aus der 2ten Röhre in den EQ koppeln könnte? Dann hätte man auf jeden Fall noch mehr gain und einen teuren Trafo gespart.

Kompressormässig fände ich den Cl1b natürlich als Inspiration interessant. Der sidechain dort ist solid state und somit günstig. Und klanglich habe ich ihn in bester Erinnerung, auch wenn es schon lange her ist, dass ich einen in den Fingern hatte. Ich frage mich, ob man nicht eventuell gleich eine variable Gegenkopplung im V72 haben könnte, über die die Kompression stattfindet?

Herzliche Grüße,

Michael

MarkusP
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Beitrag von MarkusP »

Hallo auch,
mtibes hat geschrieben:Hallo Leute,

ich konnte bei dem Meeting leider nicht dabei sein, mag aber die channel strip Idee sehr :D

Ich frage mich, ob die Kombination aus alten Rundfunkmodulen tatsächlich ökonomish und klanglich sinnvoll ist. Meine Ideen dazu würden auch eher in die Richtung V72 input - pultec / poormans EQ - LDR basierter Kompressor (LA2A, DAOC, Cl1b) gehen. Das wäre dann eher ein 'world'-channel.
Ökonomisch sinnvoll ist das ganze bestimmt nicht. Aber vielleicht sinnvoller, als sich zu Mondpreisen bei ibäh alles zusammenzukaufen.
Die Idee dahinter ist schon, die alten Rundfunkmodule "im Rahmen der Möglichkeiten" nachzubauen. Ein V72 dürfte relativ einfach nachzubauen sein. Die Eisen gibst von Sowter, es sei denn jemand überredet Haufe, die orginalen nachzubauen. Die EF804s wären problemlos durch EF86 ersetzbar. Die Werte sind vergleichbar.
Bei den originalen Eisen wäre zu bedenken, daß die auf 40Hz-15kHz ausgelegt sind, die Sowter-Eisen machen die 20Hz-20kHz.
mtibes hat geschrieben:Die alten deutschen EQ Module kingen toll, wenn man genau das braucht - sind aber ansonsten natürlich nicht gerade flexibel. Ein Pultec-artiger EQ dürfte hier weiter führen, theoretisch sehr vielversprechend finde ich den poorman mit dem Mittenband. Kreativ vernünftige Röhrenkompressoren gab es in Deutschland eh nicht, oder hab ich was übersehen? Eventuell abgesehen vom U73 mit Varicom, aber dann wirds wohl auch richtig teuer.
Die alten Module mit nur einer Höhen- und Tiefenentzerrung sind sehr "back to the roots". Andereseits muß man sich überlegen, daß im Rahmen des ganzen "EMI-Hypes" auch REDD 47 und deren EQs gebaut werden und diese EQ waren auch nur Höhen- und Tiefenregler, wenn man von der Sonderform des Pop-EQ und des "Brillinace-Packs" absieht.
Ich persönlich versuche gerade bei Klassik-Aufnahmen ein wenig zu reduzieren und mit maximal 8 Kanälen auszukommen. Wenn man das ganze geschickt anstellt, kommen da sehr gute Ergebnisse heraus.
Die Altvorderen wußten doch schon ein wenig, wo es lang geht, sie hatten ja auch nicht mehr Möglichkeiten.:-)
Den U73 möchte ich auch nicht unbedingt nachbauen müssen, aber ein Vari-Mu sollte es an der Stelle schon sein. Alle deutschen Limiter waren Vari-Mu.
mtibes hat geschrieben:Bevor jemand einen dieser EQs zerlegt um die Teile zu messen, kann ich gerne noch mal schauen, ob ich die Unterlagen nicht habe. Welche fehlen denn?
S.o,, bin gerade dabei den W86 zu zerlegen. In den üblich verdächtigen Unterlagen zu W86 und W86a findet man nur Prinzipschaltbilder ohne Werte. Die Originale dürften jeweils bei Eckmiller gelegen haben...
mtibes hat geschrieben: Man kriegt den V72 auf 50 dB gain wenn man will, ohne die Trafos zu ändern.
Natürlich bekommt man aus allem mehr Gain raus. Die Pentoden-Stufen sind ja dafür bekannt, daß sie viel Verstärkung ermöglichen. Aber diese höhere Verstärkung wurde ja hier gezielt genutzt, um eine größere Gegenkopplung zur Reduzierung u.a. des Klirrfaktors zu ermöglichen.
Ich möchte dann doch schon im Rahmen der IRT-Vorschriften bleiben und eben kein Effektgerät aus dem V72 machen. Der ist ja eh schon begrenzt, da er nicht genügend Übersteuerungsreserve hat. Die kann auch Sowter mit seinen Übertragern nicht bieten.
mtibes hat geschrieben:Ich habe auch die meisten oder sogar alle der genannten deutschen Geräte im Studio (oder zumindest unrestauriert im Lager), wir können uns die Teile bei Interesse gerne mal zusammen anhören. Ich hab auch normalerweile keine Angst, etwas aufzuschrauben :wink:

Eine interessante Frage wäre, was genau impedanzmässig in so einem Channel Strip passiert? Es ist naheliegend, innerhalb des Gerätes die Stufen ohne Trafos zu koppeln - ich weiß jetzt z.B. nicht aus dem Kopf, wieviel der V72 AÜ untersetzt und ob man direkt aus der 2ten Röhre in den EQ koppeln könnte? Dann hätte man auf jeden Fall noch mehr gain und einen teuren Trafo gespart.
Wenn meine Altgeräte wieder flott sind, werde ich sie alle mal messen. Wie oben gesagt, könnte ich daraus die Kette V72-W86(a)-V72 bilden.
Wird auch spannend für mich.
Die weitere Idee hinter dem German-Channel ist ja durchaus, daß man zwischen den Stufen etwas einschleifen kann und dafür braucht man die Übertrager. Natürlich könnte man das ganze auch so bauen, daß man recht hochohmig (ohne AÜ) auf einen dann komplett neu zu berechnenden W86 geht. Hätte zumindest den symphatischen Vorteil, daß wir keinen 4x9-Drehschalter sondern nur ein besser erhältlichen und preiswerteren 2x9 Drehschalter bräuchten, da man dann den W86(a) unsymmetrisch bauen würde
mtibes hat geschrieben:Kompressormässig fände ich den Cl1b natürlich als Inspiration interessant. Der sidechain dort ist solid state und somit günstig. Und klanglich habe ich ihn in bester Erinnerung, auch wenn es schon lange her ist, dass ich einen in den Fingern hatte. Ich frage mich, ob man nicht eventuell gleich eine variable Gegenkopplung im V72 haben könnte, über die die Kompression stattfindet?
Ich persönlich würde den Punkt Kompressor auch eher offenlassen. Die U73 dürften damals wohl eher selten kreativ eingesetzt worden sein. Es waren Begrenzer, nicht mehr. Der U23 war diesbzgl. sicher besser einsetzbar, aber den nachzubauen...
Daher im Signalweg symmetrisch bleiben, dann kann jeder seine bevorzugte Kompressorversion einsetzen. Bedingt dann halt die ganzen EÜs und AÜs....
Das ganze V72 Design jetzt umzustricken um in die Gegenkopplung eventuell einen LDR einzusetzen... Wäre ein Versuch wert, aber damit begeben wir uns schon relativ weit von den Originalkomponenten weg.

Zumindest meine Wenigkeit möchte gerne relativ nahe am Original bleiben, bin aber durchaus interessiert daran, das alte Schaltungsdesign auszureizen.
Wie oben schon erwähnt, machen die Sowter-Eisen die 20Hz-20kHz. Die Erweiterung oberum ist nicht viel, nach unten aber ist es eine Oktave! Die alte IRT-Begrenzung nach unten hin ließe sich durch einen Schalter bewerkstelligen, es gab ja eh den Rumpelfilter-Kondensator im Primärkreis des EÜ.

Die Diskussion bleibt spannend.

Gruß aus Berlin

MarkusP.

mtibes
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Beitrag von mtibes »

MarkusP hat geschrieben:Die alten Module mit nur einer Höhen- und Tiefenentzerrung sind sehr "back to the roots". Andereseits muß man sich überlegen, daß im Rahmen des ganzen "EMI-Hypes" auch REDD 47 und deren EQs gebaut werden und diese EQ waren auch nur Höhen- und Tiefenregler, wenn man von der Sonderform des Pop-EQ und des "Brillinace-Packs" absieht.
Da komme ich in die lustige Situation, von der Simulation auf das Original Rückschliessen zu müssen, weil ich keine EMI EQs habe. Ich habe das Gefühl, dass die EMI Sachen eher auf Pop (also kreative Gestaltung) getrimmt waren und die deutschen da im Kopf eher noch bei der 'Korrektur von Übertragungsfehlern' waren. Ich finde die W86 EQs auch toll, benutze sie aber doch auch relativ selten. Zum Nachbauen finde ich sie persöhnlich nicht so spannend.
MarkusP hat geschrieben:Ich persönlich versuche gerade bei Klassik-Aufnahmen ein wenig zu reduzieren und mit maximal 8 Kanälen auszukommen. Wenn man das ganze geschickt anstellt, kommen da sehr gute Ergebnisse heraus.
Die Altvorderen wußten doch schon ein wenig, wo es lang geht, sie hatten ja auch nicht mehr Möglichkeiten.:-)
Da Unterscheidet sich Pop und Klassik natürlich sehr. Ich komm ja vom Pop und die wenigen richtigen Klassikaufnahmen, die ich miterlebt habe, haben eigentlich schon mit 3 bis 5 Mikros ohne EQ wirklich hervorragend funktioniert. Für Klassik würde ich mich noch viel mehr um die Mikros als um EQs kümmern. Da ist halt der Raum und das Orchester alles.
MarkusP hat geschrieben:o
mtibes hat geschrieben: Man kriegt den V72 auf 50 dB gain wenn man will, ohne die Trafos zu ändern.
Natürlich bekommt man aus allem mehr Gain raus. Die Pentoden-Stufen sind ja dafür bekannt, daß sie viel Verstärkung ermöglichen. Aber diese höhere Verstärkung wurde ja hier gezielt genutzt, um eine größere Gegenkopplung zur Reduzierung u.a. des Klirrfaktors zu ermöglichen.
Ich möchte dann doch schon im Rahmen der IRT-Vorschriften bleiben und eben kein Effektgerät aus dem V72 machen. Der ist ja eh schon begrenzt, da er nicht genügend Übersteuerungsreserve hat. Die kann auch Sowter mit seinen Übertragern nicht bieten.
...

Das ganze V72 Design jetzt umzustricken um in die Gegenkopplung eventuell einen LDR einzusetzen... Wäre ein Versuch wert, aber damit begeben wir uns schon relativ weit von den Originalkomponenten weg.
Wenn man den V72 mit der V77 Schaltung versieht, kommt man auf 50 dB. Da die Schaltung vom IRT ist, sollte sie doch auch IRT-gerecht sein? Ich hab das nie nachgemessen, mir reicht's, wenn's Spass macht. Ich hab das Gefühl, dass 'IRT' eigentlich eh immer eher eine Einschränkung (panische Angst vor Tiefbässen und 18 kHz) bedeutet.

Hast du mal nen V72 gemessen? Wenn ich dabei keinen Fehler gemacht habe, geht der relativ glatt durch von irgendwo deutlich unter 20 Hz bis 25 kHz oder so (wenn man den locut C überbrückt natürlich). Das ist schon irre.

Mein naiver Gedanke wäre, die Gegenkopplung des V72 parallel zu R17/18 mit einem LDR zu versehen, das ist ja eh ein Abgleichpunkt zur Verstärkungseistellung. Ich hab natürlich keine Ahnung, ob man da auf einen realistischen Regelbereich kommt und ob man sich irgendwelche anderen Probleme dabei einhandelt.

Deine Gedanken bezüglich der Kompressoren kann ich nicht ganz Nachvollziehen, der U23 hat doch gar keine Regelmöglichkeiten? Ich finde ihn vom Sound her tatsächlich angenehmer als den U73b, aber das mag auch an meinen Geräten hier liegen. Vom Aufwand und aus meiner Aufnahmekanal-Perspektive her würde ich ich halt eher auf einen gutmütigen LDR basierten Kompressor setzen (TLA100 / CL1b style). Für richtig kreative Kompression müsste man dann etwas dahinter schalten.

Spannende Gedanken auf jeden Fall - noch spannender wird es, ob man die Zeit findet, sowas mal zu bauen. Ich bin bautechnisch leider echt im Rückstand hier.

Herzliche Grüße,

Michael
Zuletzt geändert von mtibes am So Dez 04, 2011 6:53 pm, insgesamt 1-mal geändert.

Janzoulou
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Beitrag von Janzoulou »

[silent:arts] hat geschrieben:Es gibt Möglichkeiten, Übertrager zwischen den einzelnen Modulen wegzulassen. Spart jede Menge Geld.

Aber frag mal Fredi (Janzoulou), was er von einem seiner "American Channel" hält:
beim UA LA610 wurde das alles eingespart, weshalb
MicPre und LA2A nicht mehr getrennt nutzbar sind.

Hat - wie immer - alles vor Vor- und Nachteile :shock:
Und hier die Antwort (auch wenn keiner fragt... :pirate:) : Wenn wir uns in diesen dünnluftigen Hemisphären der Tontechnik befinden ist der Wegfall von Flexibillität für mich ein Indiez für eine wirtschaftlich orientierte Entscheidung. Das hat allerdings nichts mit dem Geist der Geräte zu tun, welche man versucht nachzuahmen / bauen. Dabei ging es ja immer um Bestleistungen, oder? :cool:

Ich habe gerade heute ein Stero-pärchen Jensamps und W295er gerackt mit einer Verknüpfung des Jens-OUT mit w295 IN. Splittbar. Die Übertrager erlauben es das ganze mit einem einfachen 4-pol Schalter zu realisieren. Ein Relais wäre natürlich die Oberklasse.
:alien:
Gruss, Fredi

DerEber
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Beitrag von DerEber »

im alten "Handbuch zur Tonstudiotecknik" gibts noch viele weitere German Channelstrips zu bewundern!!

MarkusP
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Beitrag von MarkusP »

Hallo auch,

habe mal ein wenig weiter gerechnet. Der V72 mit der V77-Schaltung könnte funktionieren. Der V77 hat den selben AÜ, wie der V72. Er hat den deutlich größeren EÜ mit 1:40. Die interne Verstärkung das V77 beträgt zwischen 28-48 dB. Die des V72 ca. 34 dB (EÜ 1:10 und AÜ 11,2:1).
Die Werte des V77 sind sehr brauchbar.
Mit dem EÜ des V72 kämen wir bei einer V77- Beschaltung auf einen Verstärkungsbereich von etwa 28-48dB.

Ich denke noch ein wenig weiter, ob man nicht die Schaltung des V41 adaptieren könnte. Dieser hat die Verstärkungseinstellung in der Gegenkopplung zwischen Rö1 und Rö2. Genauso erfolgte es später auch beim V76. Der V41 hat aber den handlicheren EÜ, obwohl der V76-EÜ mit 1:30 bei Sowter erhältlich wäre.
Auf die Filter des V76 würde ich gerne zumindest teilweise verzichten und einen festen Hochpaß als Trittschallfilter vorsehen. Dies ließe sich bestimmt in die V41-Schaltung einbeziehen.
Nachteil beider Varianten: relativ viele Anodendrosseln.
Vorteil V41 nur drei Pentodenstufen, Verstärkungseinstellung durch die Gegenkopplung zwischen Rö1 und Rö2.

Das IRT als solches hatte bestimmt keine Tiefbaß-Angst, es war (und ist) einfach die Erfordernis für den klassischen analogen UKW-Rundfunk. Es war aber auch nötig für die Schallplatte. Möchte jetzt hier nicht ins Detail gehen. Die Begrenzung auf 40Hz-15kHz rührt daher...

Es wäre ein Versuch wert, ob man durch einen LDR in der Gegenkoppling einen brauchbaren Kompressor erzeugen könnte. Andererseits sind LDrs einfach zu träge.

Auf die mögliche Modularität des Channels möchte ich nicht verzichten. Es wird eh viel Eisen werden. Aber wir schauen hier ja nicht aus wirtschaftlichen Gründen aufs Geld, da wir das ja nicht unbedingt verkaufen müssen.

Hat eigentlich noch jemand Unterlagen zum Drip V72? Nur aus Interessem weil sich da wohl jemand schon mal einen Kopf gemacht hat.

Soweit ins blaue gesprochen.

Herzlichen Gruß aus Berlin

MarkusP.

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